Sie war jung wie die Knospen der Bäume und der Natur gefiel das. Die Wälder wirkten unwirklich damals, Vögel sangen in den Baumkronen, die Nebelfinger des Wassers zogen leise neben ihnen her. Sie folgten dem ruhigen Plätschern flussabwärts, immer tiefer in den Wald hinein. Die Äste junger Büsche schienen nach ihrem Kleid zu greifen. Er hielt ihre Hand, geblendet vom Licht, verirrte Gestalten. Sie kannte gar nichts, nur die Wärme, die Geräusche des Waldes und die raue Beschaffenheit der Bäume. Der Wald war verboten, damals wie heute, ein verlassener Ort, verrufen durch Geschichten von Wahn, Nymphen, Wassergeistern und Tod.
Sie wollten hier als frisches Paar ungestört einige Stunden verbringen, kamen an einen Teich, das Lichtspiel des Wassers blendete sie, spielte mit den Sonnenstrahlen, schien sie begrüßen zu wollen. Da blieben sie stehen, hörten Stimmen. Im Teichwasser standen drei Frauen, hüfttief, unverhüllt und schienen sich zu waschen. Er ließ ihre Hand los. Ihr fröstelte. Glockenhelle Stimmen, der Gesang der Frauen. Sie wirkten so glücklich. Ihre Haut schimmerte grünlich, die dunklen Haare lagen lang und nass auf ihrer blassgrünen Haut. Es schien, als hätten sich Algen in ihren Haaren verfangen. Sie trat in Unachtsamkeit auf einen Ast, ein Knacken. Die Frauen hielten inne. Kurz schaute er zu ihr, vorwurfsvoll, dann wieder zu ihnen. Sie fand etwas in seinem Blick, etwas Beängstigendes. Eine der Frauen sah sie an, erkannte sie, brach sie im Gedankenfluss. Lächelte. Dem Mädchen traten Tränen in die Augen. Er stand nur da, das Begehren in seinen Blick gezeichnet, und trat dann nach vorne. Sie wollte ihn zurückhalten, er schlug ihre Hand weg, ging zu den Frauen, wollte mit ihnen baden. Sie wollte nur nach Hause, traute sich nicht zu gehen, ohne ihn. Während er sich auszog und eintauchte in das kalte Teichwasser, blieb sie am Ufer stehen. Sah ihm zu. Die Frauen empfingen ihn wie Fische den Wurm. Sie sah seine Hände auf ihrer Haut, seine Lippen auf den ihrigen, wusste kaum, was geschah. Traumverzerrungen. Unbeschwertes Lachen. Eine der Frauen reichte ihr mit schmalen kiemenbesetzten Fingern eine blassgelbe Seerosenblüte. Sie betrachtete die Farben, das Innere der Blüte. Ein Gefühl von Hilflosigkeit überkam sie. Tränen. Zwischen den Bäumen hört sie ein Scharren, Wiehern, zuckt zusammen. Schaut sich um, hoffnungsvoll. Ihr Blick geht in Richtung des Geräusches, findet ein dürres Pferd mit nassem Fell, ganz verwahrlost, weiße Seerosen in Mähne und Schweif. Es stupst sie von hinten an und sie stürzt beinahe, fällt fast kopfüber in den Teich. Das Wasser scheint nach ihr zu rufen. Das Pferd schnuppert an ihrer Wange. Sie lächelt, weil es kitzelt. Bleibt am Ufer stehen. Dann steigt das Tier in den Teich, anmutig, bis es vor ihm und den Frauen steht. Eine von ihnen nimmt seine Hand, lacht, flüstert etwas. Er soll auf das Pferd steigen. Danach erinnert sie sich noch an sein Ertrinken, Blut und die Reihen spitzer Zähne. Sie wollte rennen, doch Angst lähmte Körper und Geist, also schloss sie nur die Augen, hörte Schreie, Schmatzen, Knochen brechen und Gesang und danach nichts mehr.
©Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.