Büsche und Sträucher und nichts als Büsche und Sträucher. Es riecht nach Pisse und Müll. Meine Füße wandern weiter, einen Schritt nach dem andern, ein Routinegang. Sie hat schon die Flucht ergriffen. Tauben gurren, fliegen einem vor die Füße, picken nach den faulenden Reste übriggebliebener Pommes und wissen nicht, dass sie sich dabei den Tod holen. Im Mülleimer sitzt ein Eichhörnchen, wühlt im Abfall. Guter Geschmack ist teuer. Das Tier schaut mich an. Sekunden verstreichen. Keine Regung, kein Blinzeln. Eine Taube landet in den Büschen neben mir. Das Eichhörnchen ergreift die Flucht, lässt den blassrosanen Kaugummi fallen. Es war nicht alles schlecht. Warum ist es dann vorbei? Es war nicht alles schlecht. Es wird Winter. Dann nicht viel und schließlich wieder Winter. Karl grüßt mich mit einem Luftkuss. Ich winke, er grinst mich mit seinem zahnlosen Lächeln an. Es ist das schönste Lächeln des Tages. Ich gehe zu ihm, reiche ihm einen von meinen beiden Kaffeebechern. Er nimmt den Deckel ab, schüttet mit Vodka nach, dann stoßen wir an. Auf einen neuen Tag. Die letzten Blätter fallen, es wird hell.
Es wird schöner heute, sagt Karl und unser Atem schlägt weiße Wolken in die Luft. Ich werde nicht viel davon mitbekommen, antworte ich. Er zuckt mit den Schultern. Wer tut das schon wirklich. Dann geht es weiter, Karl kennt das, Karl versteht das. Der Rucksack wiegt schwer auf einem Rücken, mit jedem Schritt scheint er schwerer zu werden. Ich hätte die U-Bahn nehmen können, ich hätte sie heute wirklich einmal nehmen müssen. Ich bin eh schon zu spät. Jetzt ist es auch egal, und überhaupt, was läuft schon weg. Die Arbeit wird später die gleiche sein wie vor 5 Minuten und in 5 Tagen wird sie die gleiche sein wie gestern. Tiefer, tiefer in die Stadt hinein. Erinnerungszüge. Sie treffen mich unerwartet. Verschnaufpause. Die Bahn, die ich hätte nehmen sollen, fährt an mir vorbei. Grelles Licht und lautes Brummen. Ich stehe an der Ampel, Leute stoßen mich an, keiner lächelt, tote Blicke. Es ist ja noch früh am Morgen. Gute Laune baut sich auf, hab ich zumindest gehört. Auf der anderen Straßenseite mehr Menschen, ein Kind weint. Die Ampel schaltet auf grün, die Massen setzen sich in Bewegung, schauen auf ihr Handy. Morgen wird einer von ihnen tot sein. Ich werde später heimkommen und sie wird nicht da sein. Die Tauben sind überall, Gurren, das Rauschen der Autos, Stimmengewirr. Meine Füße bahnen sich den Weg, beharrlich vorwärts.
Treppenstufen nach oben, hier und da zwischen Plastikverpackungen und Bierflaschen ein gebrauchtes Kondom. Ich schaue in den Himmel, man sieht ihn kaum zwischen Häusermassen und Rauch. Meine Füße wandern weiter, Backsteinwege und Betongedanken. Hier trauen sich selbst die Tiere nicht hin. Ich werde später heimkommen und sie wird nicht da sein. Sie hat schon die Flucht ergriffen. Ich nippe an meinem Kaffee, muss würgen, schmeiße ihn am nächsten Mülleimer weg.
Es war nicht alles schlecht. Was soll das überhaupt bedeuten.
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