Seit der Regenbogen zu einem Symbol internationaler Kommerzialisierung und Imagepolierung verkommen ist, macht es irgendwie weniger Spaß, ihn anzusehen. Es ist, als habe man allen guten Geist aus einer Bewegung genommen und ihn in Geld gepresst. So fühlt es sich zumindest manchmal an.
Sie hingegen schaue ich gerne an, finde alle Farben in ihr wieder. Wenn sie mich ansieht, ist es, als würde alles in mir umspült werden. Dann fließt Rot durch meine Adern, die Welt kitzelt wieder, sie fordert mich heraus. Ihr Blick geht tief, dringt in mich ein, es macht mich glücklich, macht mich gesund. Wenn sie da ist, versprüht sie orange Funken Lebensfreude, man kommt nicht drumherum, sich damit anzustecken. Sich zu verbrennen, wenn man es zulässt. Manchmal kommt sie vorbei, wir gehen spazieren im Wald. Ich mache einen Witz und sie stupst mich an, die Berührung hinterlässt gelbes Sonnenkribbeln auf meiner Haut. Dann weiß ich nie, ob es ihr ähnlich geht, ob sie es spürt, eigentlich müsste sie es spüren. Ist sie weg, vergehen die Farben, werden ein wenig blasser, zurück bleibe ich, in meinen Gedanken noch immer bei ihr.
Es frustriert mich.
Manchmal bringt sie Blumen mit, das Grün vermischt sich dann mit ihren Fingerspitzen und wirbelt die staubige Luft in meinem Zimmer auf. Sie strahlt. Ich kann es nicht anders beschreiben, sie strahlt, dass man einfach Lächeln muss, auch wenn man sich gar nicht danach fühlt. Königsblau und Violett, Harmonie und Geist, die Farben legen sich auf mich, wenn sie bei mir ist. Dann ist es, als könne die Welt in Ordnung kommen. Ein seltenes Gefühl, man vergisst es schnell. Aber ihre Nähe ist auch anstrengend, tut fast körperlich weh. Ich schlafe schlecht, aber wenn, dann nehme ich ihre Hand. Jede Nacht im Traum nehme ich ihre Hand und möchte dann den ganzen Tag nur weinen.
Wenn ich sie sehe, freue ich mich wieder über den Regenbogen. Da ist eine Welt hinter dem Kommerz, eine pulsierende, lebendige Welle. Vielleicht hätte ich ohne den Regenbogen nie darüber nachgedacht. Ich hätte mich auch nie richtig verstanden.
Ich habe es ihr nie gesagt, jetzt ist sie in einer Beziehung. Die Farben bleiben, ich bleibe liegen, würde mich gerne für sie freuen, aber weiß noch nicht, wie. Es ist gut so, das alles. Und trotzdem frustriert es mich, wenigstens für den Moment. Menschen mit Regenbögen. Den nächsten werde ich anschreinen und dann um den Hals fallen, ihm für seinen Mut gratulieren, mich endlich trauen, und aussprechen, was ich bisher nicht aussprechen konnte. Und dann wird die Welt vielleicht wieder bunter.
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