Die Dämmerung begann, ein seichter Wind strich durch die Gräser. Nach und nach legte sich das Licht des Tages schlafen, wurde abgelöst von der schützenden Hand der Dunkelheit. Erst dann, wenn niemand mehr hinschaute, und es still im Wald wurde, wenn selbst das Zirpen der Grillen und der Ruf des Uhus verklang, dann kamen sie hervor, bedacht, schüchtern und neugierig.
Früher trafen sie sich allabendlich, um zum Himmel hinaufzuschauen. Die Jungen fragten die Alten dann, wie diese Lichter am Himmel es bis dort oben geschafft hatten und was diese Lichter überhaupt seien und warum sie nicht zurückkämen und warum man sie nicht jede Nacht sehen konnte. Manche fragten auch, was man von dort oben alles sehen könnte und warum sie selbst nicht so hell leuchten würden. Ob sie selbst überhaupt jemals so hell leuchten könnten.
Und die Alten wunderten sich nicht über diese Fragen, waren es doch die Fragen, die sich selbst seit ihrer ersten Dämmerung stellten. Eine Antwort jedoch blieb ihnen zeitlebens verborgen.
Alles was sie wussten war, dass die Lichter dort oben starr waren. Regungslos saßen sie dort oben, glitzerten und funkelten schöner als alles, dass die Alten je gesehen hatten und schöner als alles, was die Jungen jemals sehen könnten. Es war, als seien diese fernen Lichter angehalten worden, um nun für alle Zeit unerreichbar, aber trotzdem für jeden sichtbar dort oben zu funkeln.
So verging die Zeit. Sie kamen jeden Abend zusammen, um die Lichter am Himmel zu betrachten, und tagsüber träumten sie von ebendiesem sanften Funkeln.
Aber Einem von ihnen reichte dies nicht. Mismar wollte zu den Lichtern gelangen, wollte sich seineFragen beantworten, wollte die Lichter nicht mehr nur von unten sehen. Dies sei unmöglich, sagten die anderen, er würde bei diesem Versuch umkommen. Er müsse am Boden bleiben, er müsse bei ihnen bleiben.
Doch Mismar hörte nicht auf sie. Er musste das Geheimnis der starren Schönheit dort oben am Firmament einfach lösen. Also begann er zu fliegen.
Er flog. Und flog. Und er sah nicht, dass er von unten aus beobachtet wurde. Er flog einfach weiter und flog immer höher und er flog so lange, bis ihn alle seine Kräfte verlassen hatten und er nicht mehr wusste, warum er überhaupt flog.
Vom Boden aus sahen sie nur noch, wie sein Leuchten erlosch. Traurig und enttäuscht wendeten sie ihre Blicke ab. Von nun an schauten sie lieber zu Boden und trafen sich nicht mehr, um die fremden Lichter zu bestaunen. Und sie erzählten den Jüngeren unter ihnen von Mismars Träumen, seiner Reise und von seinem Erlöschen. Sie lehrten ihnen, dass es ein schlimmes Ende nahm, wenn man seinen Träumen nachjagte.
Und deshalb sahen sie auch nicht, dass seit dieser Nacht ein weiteres Licht dort oben am Himmel schien. Es schien heller und schöner als die restlichen Sterne, es strahlte geradezu über die ganze Welt hinweg.
Mismar wusste nun, was man von dort oben alles sehen konnte.
Und es war wunderschön.
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