Wir waren frisch aus der Stadt zugezogen und das war mein erster Abend in der Kneipe. Ich kannte niemanden und dann wurde sich direkt am ersten Abend schon geschlagen. Danach habe ich lange nicht mit Paul gesprochen. Er hatte mich erschreckt, der Blick in seinen Augen. Ich habe ihn zwar hin und wieder mal gesehen, das war es dann aber auch. Erst zwei Jahre später ging ich wieder auf eine Feier im Dorf und auch nur, weil meine Schwester das so unbedingt wollte. Wir sind mittags schon zu der Festwiese gegangen, in einem windschiefen Pavillon gab es Kuchen und Bier, ich lachte, das war also dieses Maifest, von dem alle seit Wochen redeten. Fast das ganze Dorf war anwesend. Wir kamen schnell mit den Leuten ins Gespräch, vor allem mit den Männern. Gegen Abend sollte die Maikönigin ersteigert werden, ich wurde vorgeschlagen und später dann mit einem hübschen bunten Blumenkranz ausgezeichnet. Es war verwirrend, ich wusste nicht, wohin mit mir, bis ich von Karl auf eine kleine Bühne geführt wurde. Es ist ein seltsamer Brauch, aber die jungen Frauen und die Maikönigin konnten von den unverheirateten Herren im Ort ersteigert werden. Noch immer auf der Bühne stehend, rauchte ich zitternd eine Zigarette. Paul stand inmitten der Leute und schaute mich an, er war mein Höchstbietender, wir tanzten zusammen, weil man das so macht, und dann endlich, zwei Jahre nachdem wir uns das erste Mal gesehen hatten, sprachen wir auch miteinander. Und es war ein wunderbares Gespräch.
Nach diesem Fest trafen wir uns immer häufiger, mal mit Irene, Karl und der Gruppe, immer öfter auch allein. Es war egal, wo wir waren, zuhause, auf dem Heuboden oder am Weiher, ich genoss die Zeit mit ihm. Nachts lag ich wach, dachte an ihn, es machte mich einfach wahnsinnig, dass ich nicht wusste, was in seinem Kopf vorging. Ob er an mich oder an uns dachte. Oder sich vorstellen konnte, in der Zukunft von ihm und mir als uns zu denken. Ich wollte nur, dass er meine Hand nahm, aber er tat es nicht. Er ging oder stand immer dicht neben mir, aber nie so nah, als dass er mich berührt hätte, immer auf genügend Abstand bedacht.
Im darauffolgenden Sommer gingen wir picknicken, er hatte Brote gemacht und ich Pudding gekocht. Im Wald gab es eine Lichtung, wir setzten uns unter einen Baum, aßen, redeten über blaue Himmel und die Zukunft, über alles, außer über uns. Oft sprach er von Ungerechtigkeiten, von Krokus. Es waren Gespräche wie man sie im Leben nur mit wenigen Menschen führen kann. Wir blieben bis tief in die Nacht – Gott habe ich dafür Ärger von meinen Eltern bekommen – und lagen da, schauten lange in die Sterne, bis wir einen Schwarm Glühwürmchen entdeckten, oder sie uns, dann schaute ich nur noch zu ihnen. Spürte Pauls Wärme neben mir und hörte seinen Atem, langsam und gleichmäßig, die einzige Beständigkeit des Lebens. Irgendwann nahm ich seine Hand und spürte, wie sie zitterte. Als ich mich zu ihm umdrehte, sah er mich an, lächelte. Efi, sagte er dann, du weißt gar nicht, wie wunderbar du bist.
©Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.